Sepp Brülisauer lacht oft und gern und geniesst die Freiheit, sich den Tag selbst einzuteilen.

 

Die aufgeschlossene Bäuerin Annemarie Brülisauer hat keine Probleme damit, sich einzuschränken.

 


 

Der Bauernhof im Löhli bietet einen herrlichen Blick auf das Dorf und die umliegenden Gebirgszüge.


 

«Wir denken etwas kleiner»

In der Serie «Unsere Bauern» möchten wir den Bauern im Rhodsgebiet die Möglichkeit geben, ihren Betrieb vorzustellen. Dominierte noch vor einigen Jahrzehnten das Bauerngewerbe als Existenzgrundlage, so sind es heute noch eine Handvoll Betriebe, die die landwirtschaftliche Nutzfläche bewirtschaften. 

Die Reihenfolge der Berichterstattung entschied das Los und den Anfang machen in dieser Ausgabe die Löhli-Bauern Sepp und Annemarie Brülisauer.

Sei es beim Mähen oder Heuen, beim Füttern oder Misten: Stets scheint ein zufriedener Ausdruck im rot-grau melierten Vollbart des Bauern Sepp Brülisauer zu sitzen. Hört man ihm zu, wenn er über seine Aufgabe im Löhli berichtet, wunderts einen nicht und man nimmt es ihm geradewegs ab, wenn er sagt, er hätte hier seinen Traumjob gefunden.

Das Ziel, weiter zu investieren.

Mit einem Viehbestand von 35 Stück und 15 Hektaren zu bewirtschaftendes Land in Hanglage will die Familie Brülisauer nicht jammern. «Wir denken einfach etwas kleiner», sagt Annemarie, die Bäuerin und Mutter der vier Kinder Karin (18), Simon (17), Luzia (13) und Daniela (11). Hinter diesem Ideal stehen nicht nur die Eltern, sondern die ganze Familie und braucht keine Reichtümer, um glücklich und zufrieden zu sein. «In einem Betrieb wie diesem muss jeder mithelfen», sagt der Bauer. Jeder weiss, was er zu tun hat und schätzt aber auch die Annehmlichkeiten, die das Leben als Bauernfamilie bietet. Sepp bringts auf den Punkt: «Ich bin hier mein eigener Chef und kann den Tag so einteilen, wie ich es will», sagt er. Ein Stück Freiheit, das nicht für Nichts zu haben ist. «Wir müssen maschinell zurückstecken, nicht nur aus finanziellen Gründen, sondern auch deshalb, weil wir aufgrund der Hanglage andere Maschinen benötigen als die Flachländler», sagt Brülisauer. Solche Maschinen seien teuer, deshalb müsste es nicht immer gleich das Neuste sein. «Unser Ziel ist es aber, genug zu verdienen, um wieder in den Betrieb investieren zu können.» Was die Familie zum Essen braucht, ist zum grossen Teil hausgemacht: Im Stall des Mastbetriebes gedeihen die Kälber, die Hühner liefern die Eier, das Gemüse wächst im Garten der gelernten Gärtnerin und im Keller lagert eine ganze Auswahl an feinen Schnäpsen und Likören.

Der Bauernhof der Familie Brülisauer befindet sich etwas abseits in Hanglage und bietet einen herrlichen Ausblick auf das Dorf und die Gebirgszüge. Annemarie schätzt den gewissen «Sicherheitsabstand», den der Hof zum Dorf hat. «So mittendrin würde ich mich nicht wohlfühlen», sagt die in Rebstein aufgewachsene Bauerntochter.

Als Versuch angefangen

Es war Mitte der Neunziger Jahre, als Ernst Hartmann, der ehemalige Löhli-Bauer und Götti von Annemarie Brülisauer, einen Nachfolger für seinen Betrieb mit damals gerade mal 4 Hektaren Boden suchte. Annemarie erzählte ihrem Mann davon. Doch die Vorstellung, ins Rheintal zu ziehen, entlockte dem gebürtigen Stadt St.Galler nur ein spöttisches Lachen. «Ins Rheintal – nie!» Doch als man den alten Götti besuchte, sah die Sache schon ganz anders aus – es gefiel! So zügelt die Familie im Jahre 1996 vom Toggenburg ins Rheintal. Ein Jahr lang sollte der Versuch erst mal dauern, denn man ist sich wohl bewusst, dass es nicht einfach sein wird, mit diesem kleinen Betrieb ein Auskommen für eine sechsköpfige Familie zu finanzieren. Das Glück ist der jungen Familie hold, denn nach und nach können Brülisauers Boden dazu pachten und den Viehbestand vergrössern. Annemarie bessert die Haushaltskasse auf, indem sie am St. Galler Bauernmarkt und mit einem Direktverkauf ab Hof Selbstgemachtes wie Gestecke, Kränze oder Schnäpse verkauft.

Dann, im Jahre 1999, entscheidet man sich, die separate Einliegerwohnung, die bis anhin fest vermietet war, umzubauen und künftig «Reka-Ferien auf dem Bauernhof» anzubieten. Dieser Entscheid sollte sich als goldrichtig erweisen, denn durch die gute Vermietung ist die Wohnung heute zu einer respektablen Nebeneinnahmequelle geworden. «Wir haben in diesen Jahren schon sehr viele schöne

Zeiten mit unseren Gästen erlebt und es ergeben sich immer wieder freundschaftliche Kontakte, die bleiben», freut sich Annemarie Brülisauer. Der finanzielle Zustupf kommt nicht ungelegen und man leistet sich jetzt auch mal Ferien vom Bauernhof und geniesst ein paar Tage Skiferien fern von daheim. Dieses Jahr ist es zum ersten Mal der Sohn Simon, der zu Hause die Vertretung übernimmt. Auch wenn die Eltern anfangs etwas skeptisch waren, will auch er Bauer werden und befindet sich mitten in der Ausbildung. Ob der Sohn irgendwann den elterlichen Hof übernehmen wird, steht noch in den

Sternen. Sicher ist, dass der Hof zu klein ist für zwei Bauern. «Wir lassen die Dinge auf uns zukommen und versteifen uns nicht auf etwas. Es wird sich eine Lösung finden, wenn es soweit ist», sagt Sepp Brülisauer.

«Bauern brauchts immer!»

Die Meldung, dass rund 50 Prozent der Bauernfamilien an der Armutsgrenze lebt, wurde erst kürzlich durch die Medienlandschaft geschickt. Über solche Aussagen kann sich Annemarie furchtbar ärgern und nur verständnislos den Kopf schütteln. «Ich bin mir sicher, dass die Bauern heute mehr Geld zur Verfügung haben als früher.» In Bezug auf die richtige, zukunftsweisende Agrarpolitik sind derzeit die Meinungen bei Bauernverbänden und der Bundesregierung geteilt. Für Sepp Brülisauer ist aber klar, dass Bauern immer gebraucht werden und die Direktzahlungen auch weiterhin bezahlt werden. «Es wird Änderungen geben und die sind vor allem politischer Natur. Immerhin sind es 7.6% der Bundesgelder, die in die Landwirtschaft sowie nahe gelagerte Betriebe fliessen.», erklärt er.

Text und Bild: Heidy Frei