«Im Herbst kommt das (Handels-)Fieber…»

In der Serie «Unsere Bauern»» haben diesmal Albert und Monika Peter das Wort. Die Bauernfamilie betreibt in Lienz einen Nutz- und Zuchtviehhandel. Letztes Jahr haben über Peter‘s Stall insgesamt rund 2000 Tiere den Besitzer gewechselt.

Blitzschnell saust Sohn Renato an seiner Mutter vorbei und holt ein paar Kracher. Gerade hat er auf dem Siloschlauch neben dem Stall nämlich ein paar Raben entdeckt, die es zu vertreiben gilt, bevor sie Schaden anrichten. In solchen Fällen sind die beiden älteren Söhne der Familie Peter sofort mit dem nötigen Werkzeug zur Stelle und freuen sich, die Übeltäter abzuschrecken. Dies sind Pflichten, die auch Spass machen!

In den Ferien gehts auf die Alpen

Ganz knapp hat es die sechsköpfige Familie im letzten Jahr geschafft, noch vor Weihnachten von ihrem alten Haus an der Hauptstrasse 30 etwa hundert Meter weiter ins neu erbaute Heim zu zügeln. Seither geniesst man vom Familientisch und von der riesigen Terrasse aus einen tollen Blick direkt auf den Hof und die Wiese.

Hof der Familie Peter

Das gefällt nicht nur den Eltern – auch das Zwillingspaar Albert und Andrina (13), der elfjährige Renato und der zweijährige Nachzügler Andreas haben grosse Freude an den Tieren. Die beiden älteren Söhne kommen ganz nach dem Papa, sind sie doch überzeugt, dass die Herbstferien die schönsten Ferien sind. Dann werden nämlich oft gemeinsam die Alpen besucht, wo die Tiere gesömmert werden, man geht ins Bündnerland oder ist auf Viehschauen anzutreffen. «Wenn wir weggehen, dann wird zu 99.9% eine Kuh besichtigt», sagt der Bauer. Albert junior weiss heute schon, dass er einmal Bauer werden will. Seine Zwillingsschwester sieht sich als künftige Tierärztin. «Vorläufig sind noch alle mit Begeisterung dabei – wie sich das entwickelt, sehen wir dann», so der Vater. Traditionen haben in dieser Familie auf jeden Fall ihren festen Platz.

Viehzucht als Hobby

Monika und Albert sind beide in Reute AR aufgewachsen, kennen sich seit Kindertagen und sind seit der Sekundarschule ein Paar. Als dritter von vier Söhnen in einem Viehhandelsbetrieb gross geworden, stand für Albert schon immer fest, dass er in Vaters Fussstapfen treten und später einen Bauernbetrieb und vor allem Viehhandel betreiben will. Monika absolvierte nach der Schule eine KV-Lehre. Sie wollte eigentlich nie einen Bauern heiraten. Auch ihr Vater fand damals, dass seine Tochter für den Bauernstand nicht geeignet sei. Die beiden haben es dennoch gewagt und sind jetzt seit 18 Jahren verheiratet.

Von einer Erbgemeinschaft hat das junge Paar im Jahre 1993 in Lienz den kleinen Bauernbetrieb am Rande des Dorfes mit sechs Hektaren Land gekauft und so den Grundstein für ein Auskommen gelegt. Nach und nach konnte Land dazugekauft werden. Heute sind 18 Hektaren eigenes Land im Besitz der Familie, weitere sechs sind gepachtet. So ist der Betrieb mit den Jahren stetig gewachsen und entsprechend nahm auch das Risiko und die Verantwortung zu. Im Jahre 1999 wurde der neue Stall gebaut, welcher Platz für 60 Kühe bietet. Hier haben auch die Ziegen der Kinder ihr Zuhause.

Nachdem der neue Stall fertig war, begannen Peter‘s damit, Milch in der Käserei in Oberriet abzuliefern. Jährlich sind das rund 350‘000 Liter. Zudem wird Kälberzucht und -mast betrieben. Dutzende weisser Kälberboxen mit Jungtieren bevölkern den Hof zwischen den Ställen. «Viehzucht ist ein Hobby – man lebt dafür», sagt Albert. Im letzten Jahr wurden etwa 400 Kälber im Stall der Familie Peter geboren. «Im Herbst sind es hauptsächlich Rinder, die abkalben», erklärt Monika. Die Rinder werden jeweils im Frühling im Bündnerland gekauft und vom Verkäufer gesömmert. Etwa Anfang September kommen die Tiere dann nach Lienz. Die einen bleiben nur zwei Tage, andere vielleicht ein Jahr bis sie weiterverkauft werden.

Viehhandel ist oft Vertrauenssache

Der Viehhandel werde immer schwieriger, sagt Albert. «Je weniger Bauern es gibt, desto weniger Vieh wird gekauft.» Früher hätte er sein Vieh nach fast allen Ländern Europas verkauft (80 Prozent in Italien). Der Verkauf ins Ausland wird, wenn nötig, vom Bund kontingentiert und subventioniert. Dies dient der Entlastung des heimischen Marktes. Das letzte Kontingent (2009) wurde für 5700 Tiere ausgesprochen. «550 Stück davon habe ich verkauft», sagt der Bauer nicht ohne Stolz. Der Schnellste kommt ins Geschäft.

Gehandelt wird je zur Hälfte persönlich oder telefonisch. «Am Telefon können keine Tiere besichtigt werden, also spielt das vorhandene Vertrauen in den Händler natürlich eine grosse Rolle», erklärt Albert. Letztes Jahr konnten rund 2000 Stück Vieh verkauft werden. «Es ist wie ein Fieber, das uns im Herbst immer befällt, wenn der Handel wieder losgeht», lacht die Bäuerin. Dann packt sie den kleinen Andreas schon mal in den Kindersitz und steuert den vollbeladenen Lastwagen zielstrebig durch die Strassen. Die Freude an den Tieren ist die Energiequelle für das Ehepaar. Albert sagt es so: «Wenn ich an einer Viehschau bin und sehe, dass die schönsten Tiere von mir sind, ist das eine grosse Freude.»

Frühe Tagwache

Die Bäuerin ist im Stall und im Betrieb voll involviert und steht am Morgen um 4.30 Uhr im Stall. Die Kindererziehung und den Haushalt erledigt sie so nebenbei. Es braucht nicht viel Fantasie zu erahnen, dass es hier viel Arbeit gibt – so viel, dass diese niemals allein bewältigt werden kann. Monika bestätigt dies und erklärt, dass das Thema Personal eine grosse Herausforderung ist. «Wir brauchen Mitarbeiter um die ganze Arbeit erledigen zu können», sagt sie. Und tüchtiges Personal, das die anstrengende Arbeit mit den langen Arbeitszeiten in Kauf nimmt, sei sehr schwer zu finden. Es ist keine Fünf-Tage-Woche, die auf dem Hof der Familie Peter angeboten wird, denn Stall und Tiere wollen auch am Wochenende versorgt werden.

Die Kinder helfen auf jeden Fall mit – auch wenn es nicht immer so viel Spass macht, wie unerwünschte Raben zu vertreiben.

Text/Bilder: Heidy Frei