«Langes Tagwerk und kurze Rast»

In der Serie «Unsere Bauern» erhalten die Bauern im Rhodsgebiet die Möglichkeit, ihren Betrieb vorzustellen. 

In dieser Ausgabe sind dies Andreas und Mirella Göldi, die seit 8 Jahren den «Feldhof» mit rund 35 Hektaren Land bewirtschaften. Auf dem Milchwirtschaftsbetrieb werden im Jahr rund 200‘000 Kilo Milch produziert.

Wie heisst es doch so schön: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Bei den drei Göldi-Kindern Severin, Manuel und Nadja, die da fröhlich schwatzend um den Feldhof-Znacht-Tisch versammelt sind, scheint dieses Sprichwort gleich dreimal zuzutreffen. Severin (9), der grosse Feuerwehrfan, hat es nicht so sehr mit der Handarbeit auf dem Bauernbetrieb, sondern interessiert sich als leidenschaftlicher «Chlütteri» und Lego-Technics-Bastler mehr für die Maschinen. Sein Traumberuf ist Landmaschinenmechaniker. Für den 8-jährigen Manuel gibt es nach der Schule hingegen nichts Grösseres, als mit dem Vater Gülle auszutragen oder hagen zu gehen. Nicht die kleinste Veränderung, die auf dem Hof vor sich geht, entgeht seinem interessierten Auge. Er ist der zweite Bauer in der Familie. Mehr fürs Haus, nämlich fürs Putzen und Kochen interessiert sich Nesthäkchen Nadja. Die 5-Jährige, ein Abbild der Mutter Mirella, liebt neben der Hausarbeit auch ihre Puzzles und Bären, geht aber auch gerne zu den Tieren in den Stall. Sie wird dann – wenn sie einmal gross ist – die gute Fee im Haus sein. Um die Zukunft des Feldhofes braucht man sich vorläufig also keine Sorgen zu machen.

Mehr mit dem Kopf als den Muskeln

Sorgen um den Fortbestand seines Bauernbetriebes musste sich auch Andreas Göldi senior nicht machen. Eigentlich wollte Andreas junior ja den Beruf des Metzgers lernen. Nachdem sein Vater jedoch früh einen Herzinfarkt erlitt, hiess es, mitanzupacken im heimischen Betrieb. So absolvierte der heutige Bauer seine Landwirtschaftsausbildung direkt nach der Schule und war in verschiedenen Betrieben als Betriebsaushilfe und als Fahrer im örtlichen Lohnunternehmen tätig. Stets hatte er zudem auf dem elterlichen Hof mitgearbeitet. Nach der Hochzeit von Mirella und Andreas wird der Hof anfangs noch in Gemeinschaft mit den Eltern geführt. Der junge Bauer absolviert in dieser Zeit die 2-jährige Meisterprüfung. Mehr und mehr geht die Leitung des Betriebes in die Hände der jungen Generation über und im Januar 2000 übernehmen Andreas und Mirella den Feldhof ganz.

Damals gehören dem Betrieb rund 20 Hektaren Land an und vieles wird anders gemacht als heute. «Der Druck war längst nicht so gross», sagt Andreas. Heute sind es rund 35 Hektaren Land und 70 Stück Vieh. Produziert werden auf dem Milchwirtschaftsbetrieb rund 200‘000 kg Milch pro Jahr. Es gäbe nichts zu jammern, denn die Zeiten seien schon schlechter gewesen, meint er. «Die Preise für die Milch und für das Vieh sind auf einem guten Niveau». Es sei dennoch wichtig und notwendig, innovativ zu sein, damit Geld hereinkommt. «Heute wird mit dem Kopf «buuret» und nicht mehr mit den Muskeln», so Andreas.

Mit der bestehenden Betriebsgrösse sei man jetzt aber an der oberen Grenze des Machbaren angelangt. Wenn Not am Mann ist, kann die junge Familie stets auf die Hilfe der Eltern Andreas und Ida sowie weiterer Familienmitglieder zählen.

Langes Tagwerk und kurze Rast

Bauer, Feuerwehrkommandant der Feuerwehr Rüthi-Lienz, Alppräsident, Kassier und Verbindungsperson beim Braunviehzuchtverein Rüthi-Lienz: Die vielfältigen Aufgaben von Andreas Göldi klingen nach jeder Menge Arbeit und wenig Freizeit. Dieser Eindruck trügt nicht, das wird schnell klar. Es heisst für den Bauern und die Bäuerin früh aufzustehen und zusammen anzupacken, wenn alle Aufgaben gemeistert werden wollen. «Ohne Mirella könnte ich vor allem das Hobby Feuerwehr gar nicht ausüben», ist sich Andreas bewusst. «Ein Kommandant muss jederzeit abkömmlich und gewillt sein, grosse Verantwortung zu tragen.»

Seit 15 Jahren bei der Feuerwehr habe er das Kommando seit nunmehr vier Jahren inne. «Ich habe das Amt früher sehr gerne ausgeführt, heute hat es etwas an Glanz verloren.» Er müsse es einfach als sein grosses Hobby ansehen. Bäuerin Mirella seufzt und nickt zustimmend.

Für sie bedeutet das, jederzeit im Stall einspringen zu können, zu melken und die Tiere alleine zu versorgen. Dies setzt auch im heutigen Zeitalter der Automatisierung eine gute Organisation des Betriebes voraus.

Den Traumberuf gefunden

Für die junge hübsche Frau mit dem hierzulande eher ungewohnten Fürstenländer Dialekt, ist dies jedoch kein Problem. Sie hat hier nämlich das gefunden, was sie schon immer wollte – ein Leben auf dem Bauernhof. «Schon in der Schule habe ich in jedem Aufsatz irgendwo geschrieben, dass ich einmal Bäuerin werden will», lacht die gelernte Kinderpflegerin.

Dem alten Klischeebild der pausbäckigen Bäuerin in Kopftuch und Gummistiefeln entspricht Mirella keineswegs. Ihre Hobbies – Kochen und Nähen – lassen sich aber dennoch beneidenswert gut in den Alltag einbringen. Auch der Garten und die vielen Kleintiere auf dem Hof gehören in Mirellas Bereich. Seit Jahren engagiert sie sich zudem in der Kommission der Bäuerinnen und Landfrauen. Die Aussage «Unser Feriengeld steckt in der Entenvolière», zeigt, dass die Freude an all den Kleintieren wie Hennen, Enten, Zierenten, Hasen, Katzen und Hund auf dem Hof gross ist, auch wenn das zusätzliche Arbeit bedeutet.

Ferien ist tatsächlich ein Punkt, den die Familie Göldi bis anhin nur aus farbigen Prospekten kennt. «Wir waren noch nie als ganze Familie in den Ferien – wenn man mal von den Zeltferien im Bergli absieht.» In diesem Jahr stehen aber zum ersten Mal ein paar Tage Skiferien mit den Kindern auf dem Programm. Die Eltern Andreas und Ida werden in diesen Tagen gemeinsam mit einem Betriebshelfer nach dem Rechten sehen.

Freude am Beruf als Energiequelle

Woher wird bloss die Energie geschöpft, fragt man sich unwillkürlich, wenn man auch noch hört, dass während vier Jahren schwierige Jugendliche im Alter von 14 bis 19 Jahren aus der Krisenintervention aufgenommen wurden. Eine höchst anspruchsvolle Aufgabe, die aber auch enorm spannend und eine wertvolle Erfahrung gewesen sei, sagt Mirella.

Energiequelle auf dem Feldhof ist die Freude am Beruf, die Möglichkeit, sein eigener Chef zu sein und das Zusammensein mit den Kindern. Absolut heilig ist auch die Mittagspause.

Die Gefahr, dass der Nachwuchs zu viel fernsieht, ist bei der abwechslungsreichen Umgebung relativ klein. Aber wenn der Papa am Sonntag seinen Mittagsschlaf etwas ausdehnt, möchten ihn die Kinder auf keinen Fall stören: Dann ist Fernseh-Zeit!

Text/Bilder: Heidy Frei