280 m2 Sonnenkollektoren auf dem Stalldach

Im 2013 sind es genau 100 Jahre, seit sich die Bauernfamilie Heeb auf dem Däzzen niedergelassen hat. In der Serie «Unsere Bauern» gestatten uns diesmal die Brüder Markus und Stefan Heeb einen Blick in ihren landwirtschaftlichen Betrieb.

Die Aussicht, die Familie Heeb auf dem Däzzen tagtäglich geniessen kann, ist beneidenswert. Eben diese Lage stellt aber auch seine Herausforderungen an die Bauersleute, die hier ihren Lebensunterhalt verdienen.

Die Lage auf der Bergkuppe, die Abgeschiedenheit und das spärlich verfügbare Wiesland auf dem Däzzen lassen nicht allzu viele Möglichkeiten offen, einen Bauernbetrieb gewinnbringend zu führen. Deshalb hat sich Vater Arthur vor Jahren auf die Vertragsaufzucht von Jungtieren spezialisiert. Diese Art Arbeitsteilung mit den Milchbauern im Tal sei daraus entstanden, weil dort immer öfter nur noch Milchwirtschaft betrieben werde, sagt der Altbauer.

Keine Strasse bis ins Jahr 1977

Rund 150 Tiere haben Platz im grossen und modern eingerichteten Stall, der seit 2005 das Bild auf dem Däzzen prägt. Die Milch der zehn Kühe wird für die Aufzucht der Jungtiere verwendet. Ein Milchkontingent habe man hier noch nie gehabt, erklärt Arthur. Dies, weil bis ins Jahr 1977 gar keine Strasse zum Däzzen geführt habe. Heute ist die Strasse lebenswichtig für die bescheiden lebende Bauernfamilie, da sich ein Teil des bewirtschafteten Bodens im Tal befindet. Während den Sommermonaten wird der beachtliche Viehbestand zudem zur Sömmerung auf mehrere Alpen oder auf die Weideflächen im Tal verteilt.

Seit bald 100 Jahren bewirtschaften «Schrepfers» – so wurde die Familie Heeb früher genannt – den Hof auf dem Däzzen. Seit letztem Sommer in vierter Generation, nämlich von den Jungbauern Markus und Stefan Heeb. Die Brüder führen den Betrieb in klarer Aufgabenteilung. Der gelernte Landwirt Markus ist zuständig für das Vieh und wohnt mit den Eltern Arthur und Ida auf dem Hof. Landmaschinenmechaniker Stefan ist verantwortlich für die Maschinen und wohnt seit letztem Sommer in seinem – mehrheitlich von der Familie selbst erbauten – Mehrfamilienhaus in Rüthi. Auch wenn sich die beiden Brüder im Charakter nicht sehr ähnlich sind, sind sie sich darin einig, dass bei ihnen Beruf und Hobby in vieler Hinsicht ineinander fliessen. So geniessen sie es bei Gelegenheit, einfach mal nichts zu tun. Beide engagieren sich bei der Feuerwehr.

Immer mehr produzieren, damit es reicht

Aufgewachsen in Balgach, besuchte Arthur stets gerne seine Verwandten auf dem Däzzen. Im Jahre 1966 zog er, damals 18 Jahre alt, mit seinen Eltern und seinem Bruder Niklaus auf den Hof. Er erlernte den Beruf des Bauers und übernahm schon bald den Betrieb. Im Jahre 1976 heiratete er seine Frau Ida, die in Amden aufwuchs und damals in Zürich in einer Kinderkrippe arbeitete. Sie ist die gute Seele auf dem Hof und springt überall dort ein, wo Not am Manne – oder eben an der Frau – ist. Ebenso ist sie für einen Teil der Büroarbeit verantwortlich, welche auch hier immer mehr Zeit beansprucht.

Es hätte sich viel geändert in den letzten Jahren, sagt Arthur. «Man muss immer mehr produzieren, damit das Einkommen zum Leben reicht.» Auch Tierschutz und Umweltschutz stellten heute immer grössere Anforderungen an die Bauern. Weniger geworden sei leider nur das Ansehen, das der Bauernstand bei der Bevölkerung hat, bedauert er.

Baggergeschäft dient Nebenerwerb

Ursprünglich um die Zufahrtsstrasse und das Gelände rund um den Hof zu verbessern, kaufte Arthur vor rund 40 Jahren einen Menzi Muck. Fast automatisch kam er damit zu einem Nebenerwerb. Er sei der Erste in Lienz und Rüthi gewesen, der eine solche Maschine besass, erinnert er sich. So wurde er immer wieder angefragt, Arbeiten für andere zu erledigen. «Damals erhielt ich schon denselben Stundensatz wie heute – es war ein sehr gefragtes Geschäft!» Auch für die Jungbauern Markus und Stefan ist das Baggergeschäft heute ein wichtiger Nebenerwerb. Sie verrichten Lohnarbeiten auf dem Bau, währenddessen Arthur und Ida auf dem Hof nach dem Rechten sehen.

Der grosse, neue Stall wurde mit sehr viel Eigenleistung und unter Einbezug aller Familienmitglieder gebaut, sagt Arthur nicht ohne Stolz. «Darum hatten wir auch so eine lange Bauzeit», mehr als zwei Jahre hätte es nämlich gedauert, bis der Stall fertig war. Es war ein wichtiges Ziel für die Familie, das Vieh im neuen Stall möglichst effizient bewirtschaften zu können. «Nur so können wir die Arbeitskraft wirksam einsetzen», sagt Markus. Und so bleibe noch genügend Zeit und Energie, um dem Nebenerwerb auf dem Bau nachzugehen.

80‘000 kW Ökostrom erzeugt

Auf dem Stalldach liegt seit Mai 2009 ein zweiter Nebenerwerb der Familie: Eine moderne Photovoltaikanlage mit 280 m2 Solarzellen. Die Lage auf dem Däzzen mit ihren vielen Sonnenstunden ist prädestiniert für eine solche Anlage. «Wir waren in dieser Gegend sozusagen die Versuchskaninchen für die Nutzung der Sonnenenergie in etwas grösserem Stil», sagt Arthur. Seither konnten rund 80´000 kW Ökostrom erzeugt und ins Netz eingespiesen werden. Der Erfolg ist vom Wetter abhängig, aber im Durchschnitt werden jährlich rund 30´000 kW Strom produziert. Dies entspricht etwa dem Jahresverbrauch von sieben Einfamilienhäusern. Seit 2010 besitzt der Betrieb zudem die Bewilligung für die Kostendeckende Einspeisevergütung (KEV). Eine Erweiterung der Anlage wird zurzeit geprüft, noch ist der Kostenverteiler der Zuleitung aber nicht geregelt.

Wenig Zeit, die Aussicht zu geniessen

«Chasch denn d’Ussicht gnüssa, wenn der da Schweiss id Auga rünnt», sagt Ida trocken. Auch wenn da ein Schmunzeln in ihren Augenwinkeln liegt, so relativiert die Aussage doch manch neidvollen Blick der Besucher, die es sich auf der roten Ruhebank unter dem Apfelbaum gemütlich gemacht haben und mit Staunen ins Tal und bis weit in die Österreicher Berge blicken.

Text/Bilder: Heidy Frei